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Abofallen und die Haftung ihres Rechtsanwalts

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Viele Internetbenutzer haben schon eine Rechnung und Mahnungen wegen irgendeines angeblich im Internet abgeschlossenen Pseudoabos erhalten. Zu dieser modernen Seuche des Internets gehört dann regelmäßig auch eine Mahnung durch ein Inkassobüro oder einen Rechtsanwalt, meist mit Absender aus München oder Osnabrück. Zumindest einen der beiden hier einschlägig bekannten Anwälte bekommt es nun langsam zurück bezahlt: Zunächst bestätigte ihm das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht, dass ihm – nach entsprechenden Ablehnung durch Geschäftsbanken – auch die örtliche Sparkasse kein Geschäftskonto für seine Anwaltstätigkeit zur Verfügung stellen muss. Und jetzt urteilte das örtlich für ihn zuständige Amtsgericht Osnabrück, dass er für die Anwaltskosten, die den Abo-Fallen-Opfern zur Abwehr der unberechtigten Forderungen entstanden sind, auch persönlich haftet. Also eine gute Möglichkeit für die geschädigten Opfer, zumindest die von ihnen gezahlten Anwaltsgebühren wieder aufzutanken:

Mit der vorsätzlich unberechtigten Inanspruchnahme des Klägers beging die Firma GS einen Betrug im Sinne des § 263 StGB, der zumindest das Versuchsstadium erreicht hatte. Der letzte auf eine abschließende Vermögensverfügung zielende Akt, durch den die Zahlung erreicht werden sollte, liegt in der Einschaltung des Rechtsanwalts mit dem Auftrag, die unbegründete Forderung beizutreiben. Mit seinem Schreiben vom 18. September 2009 hat der Beklagte als Rechtsanwalt den Kläger aufgefordert, die Forderung der Firma GS einschließlich der Mahn- und seiner Anwaltskosten in Höhe von insgesamt 138,00 € auszugleichen.

Damit hat er zumindest Beihilfe gem. § 27 StGB zu dem betrügerischen Vorgehen der Firma GS geleistet. Der Beklagte hat die Firma GS unstreitig in zahlreichen Verfahren vertreten, die mit dem streitgegenständlichen Sachverhalt identisch sind. Insbesondere ergibt sich aus dem Umstand des regelmäßigen Forderungsverzichts nach der Abwehr des Anspruchs die Kenntnis des Beklagten von der fehlenden Erfolgsaussicht einer gerichtlichen Forderungsdurchsetzung. Immerhin muss ein Rechtsanwalt, der den Einzug einer Forderung übernimmt, deren Berechtigung prüfen, bevor er seine Tätigkeit aufnimmt und bevor er die jeweils weiteren Schritte zur Durchsetzung der Forderung unternimmt.

Dafür, nach einer sorgfältigen Prüfung die Begründetheit der Forderung angenommen zu haben, trägt der Beklagte nichts vor. Er subsumiert insbesondere seine deliktische Haftung allein mit Rechtsprechungszitaten ohne einen Vortrag dazu, warum er mit der Zahlungsaufforderung den Anspruch für begründet und nach der Abwehr den Forderungsverzicht für sachgerecht gehalten hat. Aus der unstreitigen und gerichtsbekannten Vielzahl der Fälle ergibt sich vielmehr die Methode, bei vergeblicher Mahnung durch die angebliche Gläubigerin mit der Einschaltung des als Rechtsanwalt tätigen Beklagten den Eindruck der Ernsthaftigkeit des außergerichtlichen Mahnverfahrens erwecken zu wollen. Damit hat sich der Beklagte die Zielvorstellung der Firma GS vorsätzlich unterstützend zu eigen gemacht. Dies führt zu seiner deliktischen Haftung gemäß § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 263, 22, 27 StGB. Durch die unberechtigte Inanspruchnahme sind dem Kläger Kosten zur Abwehr dieser Forderung entstanden, die als Schaden in der vom Kläger geltend gemachten Weise der Freistellung zu ersetzen sind.

Das Amtsgericht Osnabrück hat übrigens trotz Nichterreichens der Berufungssumme die Berufung zugelassen und mit einer deutlichen Aufforderung an andere Geschädigte versehen: “Der Streit um die Frage, ob das in zahlreichen Fällen wie hier verwendete Anmeldeverfahren zu einem Vertragsabschluss zwischen dem Nutzer und dem Internetbetreiber führt, bedarf zumindest im Gerichtsbezirk Osnabrück einer einheitlichen Beurteilung. Der Beklagte ist hier als Rechtsanwalt tätig und vertritt in identischer Weise vorgehende Internetfirmen.”

Amtsgericht Osnabrück , Urteil vom 19. Oktober 2010 - 66 C 83/10


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