Das Bundesverfassungsgericht hat in zwei miteinander verbundenen Verfahren darüber entschieden, ob die Annahme einer Betrugsstrafbarkeit durch den Abschluss von Lebensversicherungen mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG vereinbar ist.
Die drei Beschwerdeführer sind im Jahre 2007 erstinstanzlich wegen Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen Vereinigung bzw. deren Unterstützung in Tateinheit mit versuchtem bandenmäßigen Betrug in 28 tateinheitlich begangenen Fällen jeweils zu mehrjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden. Nach den strafgerichtlichen Feststellungen planten die Beschwerdeführer zur Beschaffung von Geldmitteln für die Organisation Al Qaida, Lebensversicherungsverträge abzuschließen, um sodann durch Vorlage noch in Ägypten zu beschaffender unrichtiger amtlicher Dokumente den tödlichen Unfall eines der Beschwerdeführer vorzutäuschen und das jeweilige Versicherungsunternehmen zur Auszahlung der Versicherungssumme zu veranlassen. In 28 Fällen beantragten die Beschwerdeführer den Abschluss einer Lebensversicherung; letztlich wurden neun Versicherungsverträge abgeschlossen. Bevor die Beschwerdeführer ihren Tatplan weiter in die Tat umsetzen konnten, wurden sie festgenommen.
Der Bundesgerichtshof bejahte in den Fällen, in denen es zum Abschluss der Lebensversicherungen gekommen sei, eine Strafbarkeht wegen vollendeten Betruges und in den übrigen Fällen wegen versuchten Betruges.
Das Bundesverfassungsgericht hat das Urteil des Bundesgerichtshofs aufgehoben und die Sache an ihn zurückverwiesen, weil der Schuldspruch wegen vollendeten bzw. versuchten Betruges gegen das Bestimmtheitsgebot aus Art. 103 Abs. 2 GG verstößt:
Die Annahme des Bundesgerichtshofs, dass sich die Beschwerdeführer mit dem Abschluss von Lebensversicherungsverträgen wegen vollendeten Betrugs und mit der Beantragung von Lebensversicherungsverträgen wegen versuchten Betrugs strafbar gemacht haben, ist dagegen mit dem Bestimmtheitsgebot des Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren, weil es an der von Verfassungs wegen erforderlichen wirtschaftlich nachvollziehbaren Feststellung und Darlegung eines Vermögensschadens fehlt.
Verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist zwar der rechtliche Ausgangspunkt des Bundesgerichtshofs, dass bereits der Abschluss eines Vertrags zu einem Vermögensschaden führen kann, wenn der vom Vertragspartner erlangte Anspruch weniger wert ist als die übernommene Verpflichtung (sog. Eingehungsbetrug). Es ist auch jedenfalls grundsätzlich mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, bereits bei der konkreten Gefahr eines zukünftigen Verlusts einen gegenwärtigen Vermögensschaden anzunehmen. Zur Verhinderung einer Überdehnung des Betrugstatbestandes muss jedoch – von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen abgesehen – der Vermögensschaden der Höhe nach beziffert und dies in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen dargelegt werden. Bestehen Unsicherheiten, so kann ein Mindestschaden im Wege einer normativ-wirtschaftlich tragfähigen Schätzung ermittelt werden.
Diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen wird das Urteil des Bundesgerichtshofs nicht gerecht, weil es nicht die Feststellung eines konkreten Schadens in den Blick genommen hat, sondern für die Feststellung eines Vermögensschadens (abstrakte) Risiken genügen lässt, die jeder Vertragsschluss mit einem unredlichen Vertragspartner mit sich bringt. Es fehlt an der ausreichenden Beschreibung und der Bezifferung der Vermögensschäden, die durch den Abschluss der Lebensversicherungsverträge verursacht wurden oder – in den Versuchsfällen – verursacht worden wären. Zudem mangelt es an Erwägungen dazu, inwiefern tragfähig geschätzt werden kann, wie hoch zum Zeitpunkt der (beabsichtigten) Vertragsabschlüsse die Wahrscheinlichkeit war, dass die Beschwerdeführer ihren Tatplan erfolgreich ausführen, die Versicherungsleistungen also später tatsächlich an sie ausgezahlt werden würden.
Der Schuldspruch wegen tateinheitlichen vollendeten und versuchten Betrugs verstößt gegen Art. 103 Abs. 2 GG. Es bedarf daher für das Bundesverfassungsgericht keiner Entscheidung, ob insoweit auch ein Verstoß gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG oder Art. 103 Abs. 1 GG vorliegt.
Die Annahme des Bundesgerichtshofs, dass sich die Beschwerdeführer mit Abschluss von Lebensversicherungsverträgen wegen vollendeten Betrugs und mit der Beantragung von Lebensversicherungsverträgen wegen versuchten Betrugs strafbar gemacht haben, ist mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren.
Art. 103 Abs. 2 GG gewährleistet, dass eine Tat nur bestraft werden kann, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde. Die Bedeutung dieser Verfassungsnorm erschöpft sich nicht im Verbot der gewohnheitsrechtlichen oder rückwirkenden Strafbegründung. Art. 103 Abs. 2 GG enthält ein striktes Bestimmtheitsgebot für die Gesetzgebung sowie ein damit korrespondierendes, an die Rechtsprechung gerichtetes Verbot strafbegründender Analogie.
Aus Art. 103 Abs. 2 GG ergeben sich für die Strafgerichte Verpflichtungen in mehrfacher Hinsicht. Der Gesetzgeber und nicht der Richter ist zur Entscheidung über die Strafbarkeit berufen. Der Gesetzgeber hat zu entscheiden, ob und in welchem Umfang ein bestimmtes Rechtsgut mit den Mitteln des Strafrechts verteidigt werden muss. Den Strafgerichten ist es verwehrt, seine Entscheidungen zu korrigieren. Sie müssen in Fällen, die vom Wortlaut einer Strafnorm nicht mehr gedeckt sind, daher zum Freispruch gelangen und dürfen nicht korrigierend eingreifen. Aus dem Erfordernis gesetzlicher Bestimmtheit folgt ein Verbot analoger oder gewohnheitsrechtlicher Strafbegründung. Dabei ist „Analogie“ nicht im engeren technischen Sinn zu verstehen; ausgeschlossen ist vielmehr jede Rechtsanwendung, die – tatbestandsausweitend – über den Inhalt einer gesetzlichen Sanktionsnorm hinausgeht, wobei der Wortlaut als äußerste Grenze zulässiger richterlicher Interpretation aus der Sicht des Normadressaten zu bestimmen ist. Dementsprechend darf die Auslegung und Anwendung der Tatbestandsmerkmale, mit denen der Gesetzgeber das unter Strafe gestellte Verhalten bezeichnet hat, nicht dazu führen, dass die dadurch bewirkte Eingrenzung der Strafbarkeit im Ergebnis wieder aufgehoben wird.
Bei der verfassungsrechtlichen Überprüfung, ob die Strafgerichte diesen aus Art. 103 Abs. 2 GG folgenden Vorgaben gerecht geworden sind, ist das Bundesverfassungsgericht nicht auf eine Vertretbarkeitskontrolle beschränkt. Der in Art. 103 Abs. 2 GG zum Ausdruck kommende strenge Gesetzesvorbehalt erhöht nämlich die verfassungsgerichtliche Kontrolldichte. Die Bestimmung der äußersten Grenzen des Strafgesetzes betrifft die Entscheidung über die Strafbarkeit und damit die Abgrenzung der Kompetenzen von Judikative und Legislative. Für die Klärung der insoweit aufgeworfenen Fragen ist das Bundesverfassungsgericht zuständig.
Gemessen hieran ist die Annahme von Täuschungen in den angegriffenen Entscheidungen verfassungsrechtlich unbedenklich. Dagegen lässt sich die Annahme des Bundesgerichtshofs, dass bereits der Abschluss der Lebensversicherungsverträge einen Schaden verursacht habe (vollendeter Betrug) oder nach Vorstellung der Beschwerdeführer verursachen würde, mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht mehr vereinbaren.
Der mögliche Wortsinn des § 263 Abs. 1 StGB (“durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer Tatsachen”) ist nicht überschritten, wenn eine Täuschung durch schlüssiges Verhalten angenommen wird. Auch die Erfassung konkludenter Täuschungen darüber, zukünftig den eigenen vertraglichen Verpflichtungen nachkommen zu wollen und keine Verletzung vertraglicher Pflichten zu beabsichtigen, bewirkt keine Entgrenzung des § 263 Abs. 1 StGB oder Ausuferung der Strafbarkeit. Insbesondere führt dies nicht dazu, dass schon allein „allgemeine Unredlichkeit“ oder „böse Absichten“ strafbar wären. Aus der grundsätzlichen Anwendbarkeit des § 263 Abs. 1 StGB auf derartige Täuschungen folgt nicht, dass ein schlüssiges Verhalten mit entsprechendem Erklärungswert auch im konkreten Einzelfall vorliegt. Außerdem begrenzen weitere Tatbestandsvoraussetzungen die Strafbarkeit. Die Täuschung muss zunächst einen korrespondierenden Irrtum verursachen. Schließlich setzt der Straftatbestand voraus, dass ein Schaden verursacht wird. Schon dies verhindert, dass allein die Verletzung oder beabsichtigte Verletzung von Vertragspflichten ohne Vermögensbezug zur Strafbarkeit führt.
Die fachgerichtliche Bewertung, dass das Verhalten der Beschwerdeführer eine konkludente Täuschung darstellt, gibt keinen Anlass für ein Eingreifen des Bundesverfassungsgerichts.
Dagegen ist die Annahme des Bundesgerichtshofs, dass bereits der Abschluss der Lebensversicherungsverträge einen Schaden verursacht habe (vollendeter Betrug) oder nach Vorstellung der Beschwerdeführer verursachen würde (versuchter Betrug), mit Art. 103 Abs. 2 GG nicht zu vereinbaren. Gegen die Auslegung des § 263 Abs. 1 StGB im rechtlichen Ausgangspunkt bestehen zwar keine Bedenken. Die Darlegung verursachter oder beabsichtigter Vermögensschäden und die Bewertung des festgestellten Sachverhalts entsprechen jedoch nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Der rechtliche Ausgangspunkt des Bundesgerichtshofs, bereits mit Abschluss eines Vertrags könne ein Betrug vollendet sein (“Eingehungsbetrug”), ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Als Eingehungsbetrug werden Fallgestaltungen bezeichnet, in denen bereits der Abschluss eines gegenseitigen Vertrags und nicht erst die auf Grundlage des Vertrags erfolgende Leistungserbringung zu einem Vermögensschaden führt. Dies ist nach herrschender Auffassung durch den Vergleich der Werte der gegenläufigen Ansprüche festzustellen. Ein Vermögensschaden und damit ein vollendeter Betrug bereits zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses liege vor, wenn der erlangte Anspruch weniger wert sei als die übernommene Verpflichtung. Dabei wird der Vermögensschaden teilweise als schadensgleiche konkrete Vermögensgefährdung beschrieben.
Als Erfüllungsbetrug werden demgegenüber Fallgestaltungen bezeichnet, in denen erst die Abwicklung des Vertrags zu einem Vermögensschaden führt. Wenn bereits der Abschluss des gegenseitigen Vertrags zu einem Vermögensschaden führe, könne dieser durch die spätere Vertragsabwicklung vertieft werden; es liegt dann nur ein Fall des Betrugs vor.
Der Vermögensschaden im Sinne des Betrugstatbestands soll bereits dann vorliegen, wenn das Vermögen konkret gefährdet ist. Dieser Schadenstypus wird ganz überwiegend als schadensgleiche Vermögensgefährdung oder Gefährdungsschaden beschrieben. Nach einer teilweise vertretenen Ansicht sind die schadensgleiche Vermögensgefährdung oder der Gefährdungsschaden als eigenständige Kategorie jedoch entbehrlich oder sogar irreführend, da ohnehin stets eine Bewertung und Bezifferung des Schadens erforderlich sei. Die ursprünglich im Rahmen des Betrugstatbestands (§ 263 Abs. 1 StGB) entwickelte Rechtsfigur der schadensgleichen Vermögensgefährdung wurde auf das Nachteilsmerkmal des Untreuetatbestands (§ 266 Abs. 1 StGB) übertragen und findet auch dort Anwendung. In der Rechtsprechung und ganz überwiegend auch in der Literatur werden die mit der schadensgleichen Vermögensgefährdung zusammenhängenden Fragestellungen unabhängig von der Zuordnung zu § 263 Abs. 1 oder § 266 Abs. 1 StGB einheitlich behandelt.
Es ist jedenfalls grundsätzlich mit dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgrundsatz vereinbar, bereits bei der konkreten Gefahr eines zukünftigen Verlusts einen gegenwärtigen Vermögensschaden anzunehmen. Die für den Straftatbestand der Untreue (§ 266 StGB) maßgeblichen Erwägungen gelten auch für Fallgestaltungen des Eingehungsbetrugs.
Allerdings darf auf diese Weise der Tatbestand des § 263 StGB nicht verfassungswidrig überdehnt werden. Das Tatbestandsmerkmal des Vermögensschadens begrenzt die Betrugsstrafbarkeit und kennzeichnet § 263 Abs. 1 StGB als Vermögens- und Erfolgsdelikt. Verlustwahrscheinlichkeiten dürfen daher nicht so diffus sein oder sich in so niedrigen Bereichen bewegen, dass der Eintritt eines realen Schadens ungewiss bleibt. Die bloße Möglichkeit eines solchen Schadens genügt daher nicht. Zur Verhinderung der Tatbestandsüberdehnung muss, von einfach gelagerten und eindeutigen Fällen – etwa bei einem ohne weiteres greifbaren Mindestschaden – abgesehen, der Vermögensschaden der Höhe nach beziffert und dies in wirtschaftlich nachvollziehbarer Weise in den Urteilsgründen dargelegt werden. Bestehen Unsicherheiten, so kann ein Mindestschaden im Wege einer tragfähigen Schätzung ermittelt werden. Normative Gesichtspunkte können bei der Bewertung von Schäden eine Rolle spielen; sie dürfen die wirtschaftliche Betrachtung allerdings nicht überlagern oder verdrängen.
Gemessen hieran entspricht die Darlegung der verursachten oder erwarteten Vermögensschäden und infolgedessen die Bewertung des festgestellten Sachverhalts nicht den verfassungsrechtlichen Anforderungen.
Es fehlt an der ausreichenden Beschreibung und der Bezifferung der Vermögensschäden, die durch den Abschluss der Lebensversicherungsverträge verursacht wurden oder – in den Versuchsfällen – verursacht worden wären. Ein Schuldspruch wegen Betrugs durch das Revisionsgericht setzt voraus, dass eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen entsprechende Bezifferung und Darlegung eines Mindestschadens entweder bereits erfolgt oder – in den Evidenzfällen, in denen eine nähere Darlegung sich erübrigt – sicher möglich ist. Entsprechende Feststellungen lassen sich dem angegriffenen Urteil des Bundesgerichtshofs vom 14.08.2009 nicht entnehmen. Dort ist ausgeführt, dass sich die Bestimmung der Schadenshöhe als schwierig erweisen könne und sich eine Berechnung nach bilanziellen Maßstäben als schwierig darstelle, weil es für die Bewertung keine anerkannten Richtgrößen gebe. Diese Schwierigkeiten ließen indes den Schaden nicht entfallen. Sie führten lediglich dazu, dass der Tatrichter grundsätzlich unter Beachtung des Zweifelsatzes im Wege der Schätzung Mindestfeststellungen zu treffen habe. Anhand welcher Kriterien die Schätzung konkret zu erfolgen habe, wird nicht erläutert. Danach ist ein Mindestschaden weder ohne weiteres greifbar, noch wurde dargelegt oder ist sonst ersichtlich, dass und wie er bestimmt werden kann. Da die Schadenshöhe entscheidend von der Wahrscheinlichkeit und vom Risiko eines zukünftigen Verlusts abhängt, setzt die Bestimmung eines Mindestschadens voraus, dass die Verlustwahrscheinlichkeit tragfähig eingeschätzt werden kann. Der Hinweis des Bundesgerichtshofs auf die „Hilfe von Sachverständigen aus den Gebieten der Versicherungsmathematik bzw. Versicherungsökonomie und/oder des Bilanzwesens“ ersetzt die für einen Schuldspruch notwendigen Darlegungen nicht. Welche Art statistischer Grundlagen oder probalistischer Annahmen hierfür in einer Fallkonstellation wie der abgeurteilten in Betracht kommen könnte, haben das Oberlandesgericht Düsseldorf und der Bundesgerichtshof nicht einmal näherungsweise beschrieben.
Zugleich überdehnt der Bundesgerichtshof mit der Annahme, mit Abschluss der Lebensversicherungsverträge seien die Verlustwahrscheinlichkeiten so groß gewesen, dass bereits gegenwärtige Vermögensschäden vorgelegen hätten, den Tatbestand in entgrenzender und damit verfassungswidriger Weise. Aus den teils vagen, teils in sich widersprüchlichen Ausführungen zur Schadensfeststellung ist zu entnehmen, dass dem Merkmal des Vermögensschadens in seiner tatbestandsbegrenzenden Funktion nicht die ihm von Gesetzes wegen zukommende Bedeutung beigemessen worden ist. Es fehlt bereits an Erwägungen dazu, inwiefern tragfähig geschätzt werden kann, wie hoch zum Zeitpunkt der (beabsichtigten) Vertragsabschlüsse die Wahrscheinlichkeit war, dass die Beschwerdeführer ihren Tatplan erfolgreich ausführen, die Versicherungsleistungen also später tatsächlich an sie ausgezahlt werden würden. Die Einschätzung des Bundesgerichtshofs, die Inanspruchnahme der Versicherungen sei „sicher zu erwarten“ gewesen, lässt sich mit dem festgestellten Sachverhalt nicht vereinbaren. Sie steht zudem im Widerspruch zu nachfolgenden Ausführungen, die lediglich diffuse Verlustwahrscheinlichkeiten zum Ausdruck bringen. Danach soll die „Leistungswahrscheinlichkeit gegenüber dem vertraglich vereinbarten Einstandsrisiko signifikant erhöht“ gewesen sein. Im Zusammenhang mit der Erörterung des versuchten Erfüllungsbetrugs betont der Bundesgerichtshof als relevante Kriterien „die Dichte des Tatplans“ sowie den „Grad der Rechtsgutsgefährdung“ und stellt für das fehlende unmittelbare Ansetzen zum Versuch entscheidend darauf ab, dass „zunächst noch wesentliche Zwischenschritte erfolgreich hätten zurückgelegt werden müssen, bevor es möglich gewesen wäre, die Versicherungen zur Leistung auf den Todesfall in Anspruch zu nehmen“. Zum Strafausspruch ist ausgeführt, dass „die (potentiellen) Vermögensschäden der Versicherer durch die (versuchten) Eingehungsbetrugstaten … wesentlich hinter den Beträgen zurückbleiben, die nach gelungener Vortäuschung des Versicherungsfalles“ erlangt werden sollten. Der Gesichtspunkt, dass die Beschwerdeführer bereits zum Zeitpunkt der Vertragsabschlüsse intensiv überwacht wurden, fand keine erkennbare Berücksichtigung. Alles dies deutet darauf hin, dass der Bundesgerichtshof nicht die Feststellung eines konkreten Schadens in den Blick genommen hat, sondern für die Feststellung eines Vermögensschadens (abstrakte) Risiken genügen lässt, die jeder Vertragsschluss mit einem unredlichen Vertragspartner mit sich bringt. Damit wird der Charakter des Betrugs als Vermögensdelikt unter Verstoß gegen Art. 103 Abs. 2 GG hintangestellt.
Weil schon Art. 103 Abs. 2 GG verletzt ist, bedarf es keiner Entscheidung, ob der Bundesgerichtshof durch das Unterlassen einer Vorlage gemäß § 132 Abs. 2 oder Abs. 4 GVG an den Großen Senat für Strafsachen gegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verstoßen hat. Ebenso bedarf es keiner Entscheidung, ob der Bundesgerichtshof von einer Zurückverweisung in die Tatsacheninstanz absehen durfte.
Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. Dezember 2011 – 2 BvR 2500/09 und 2 BvR 1857/10