Ein Beihilfevorsatz liegt auch dann vor, wenn der Gehilfe es zumindest für möglich hält, durch seine Mitwirkung bei der Erstellung der Schreiben und deren Kuvertierung “betrügerische Machenschaften” der eigentlichen Täter zu unterstützen, und dies billigend in Kauf nimmt.
In dem hier entschiedenen Fall ging es um Betrügereien mittels sog. Rechnungsofferten. Die Täter beobachteten Online-Veröffentlichungen von deutschen und österreichischen Behörden über Eintragungen in Marken- und Patentregistern im Internet und versendeten in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang damit Schein-Rechnungen an die jeweiligen Rechteinhaber. Die Schreiben waren so gestaltet, dass die Empfänger bei flüchtiger Betrachtung glauben sollten, dass es sich um eine amtliche Kostenrechnung für die Eintragung ihrer Marke bzw. ihres Patents in das behördliche Register handele. Nur durch genaue Lektüre des Kleingedruckten war ersichtlich, dass das Schreiben lediglich das kostenpflichtige Angebot enthielt, die Eintragung der Marke bzw. des Patents in ein privates Online-Register aufzunehmen; dieses existierte tatsächlich nicht. In 65 Fällen überwiesen die bei den Rechnungsempfängern zuständigen Mitarbeiter den in dem Schreiben geforderten Betrag auf das angegebene Konto der Mitangeklagten. Der hier Angeklagte half den Mitangeklagten beim Anfertigen der Schreiben und Kuvertieren der Briefe. Dabei hielt er es zumindest für möglich, sie dadurch bei der Begehung “betrügerischer Taten” zu unterstützen, nahm dies indes billigend in Kauf.
Der Bundesgerichtshof bestätigte seine Verurteilung wegen Beihilfe zu 65 tateinheitlich begangenen Fällen des (versuchten) Betrugs:
Vorliegend täuschten die – geständigen – Mitangeklagten die Rechnungsempfänger nicht nur über den Charakter des Schreibens, sondern außerdem über die Existenz des privaten Online-Registers. Es ist ohne Weiteres davon auszugehen, dass auch diejenigen, die den wahren Inhalt des Schreibens erkannt hatten, den geforderten Betrag nur zahlten, weil sie irrtümlich annahmen, dass das private Online-Register tatsächlich existiere. Der Gehilfenvorsatz des Angeklagten ist durch die Feststellungen hinreichend belegt. Danach hielt es der Angeklagte zumindest für möglich, durch seine Mitwirkung bei der Erstellung der Schreiben und deren Kuvertierung “betrügerische Machenschaften” der Mitangeklagten zu unterstützen, und nahm dies billigend in Kauf.
Der Annahme des Gehilfenvorsatzes steht nicht entgegen, dass sich die Feststellungen nicht durchgehend dazu verhalten, ob der Angeklagte eine Täuschung der Rechnungsempfänger lediglich im Hinblick auf den Charakter des Schreibens oder auch über die Existenz des privaten Online-Registers für möglich hielt. Die Vorstellungen des Angeklagten über die von den Mitangeklagten begangenen Taten genügen ungeachtet dessen den an die Bestimmtheit des Gehilfenvorsatzes zu stellenden Anforderungen. Insoweit gilt:
Der Vorsatz eines Teilnehmers – sei er Anstifter oder Gehilfe – muss sich auf die Ausführung einer zwar nicht in allen Einzelheiten, wohl aber in ihren wesentlichen Merkmalen oder Grundzügen konkretisierten Tat richten. Dem Bestimmtheitserfordernis des Teilnehmervorsatzes liegt letztlich die Annahme zugrunde, dass nur derjenige Teilnehmer ernstlich mit der Begehung der Haupttat rechnet, der bereits wesentliche Einzelheiten des Tatplans kennt. Für den Vorsatz des Teilnehmers sind diejenigen Tatumstände als wesentlich anzusehen, deren Kenntnis die Begehung der Haupttat hinreichend wahrscheinlich werden lässt. Die unterschiedlichen Teilnahmestrukturen, die verschiedene Nähe zur Tat und die differenzierten Strafdrohungen gebieten es, an den Gehilfenvorsatz andere Maßstäbe anzulegen als an den Vorsatz des Anstifters. Während der Anstifter eine bestimmte Tat, insbesondere einen bestimmten Taterfolg vor Augen hat, erbringt der Gehilfe einen von der Haupttat losgelösten Beitrag. Er strebt diese nicht notwendigerweise an, weiß aber oder hält es für möglich und nimmt jedenfalls billigend in Kauf, dass sich sein Handeln als unterstützender Bestandteil einer Straftat manifestieren kann. Beihilfe kann deshalb schon begehen, wer dem Täter ein entscheidendes Tatmittel willentlich an die Hand gibt und damit bewusst das Risiko erhöht, dass eine durch den Einsatz gerade dieses Mittels geförderte Haupttat verübt wird.
Daran gemessen war der Vorsatz des Angeklagten hinreichend bestimmt. Der Angeklagte hielt es zumindest für möglich, dass die mit seiner Unterstützung erstellten und kuvertierten Schreiben den Mitangeklagten dazu dienten, die Rechnungsempfänger zu betrügen. Er gab ihnen die maßgeblichen Tatmittel willentlich an die Hand und erhöhte damit bewusst das Risiko, dass die Mitangeklagten durch den Einsatz gerade dieser Mittel geförderte Betrugstaten begingen. Sein Vorstellungsbild umfasste damit die wesentlichen Merkmale der Haupttaten; das Ausmaß, in dem die Mitangeklagten die Rechnungsempfänger täuschen wollten, betraf lediglich im Hinblick auf den Gehilfenvorsatz nicht bedeutsame Einzelheiten der Taten.
Es beschwert den Angeklagten nicht, dass im Hinblick auf die Täuschung der Rechnungsempfänger über die Existenz des privaten Online-Registers in allen 65 der Verurteilung zugrunde liegenden Fällen von Beihilfe zu vollendetem Betrug (§§ 263, 27 StGB) auszugehen ist.
Bundesgerichtshof, Beschluss vom 7. Februar 2017 – 3 StR 430/16